Unsere Reise führt uns in eine der größten Städte der Neumark, nach Gorzów Wielkopolski (Landsberg an der Warthe).
Wir erreichen die Stadt in ungefähr 45 Minuten vom Grenzübergang Kiez-Küstrin/Kostrzyn nad Odrą. Wir halten uns immer
an die gut ausgeschilderte Straße 132. Wir durchqueren Kostrzyn (Küstrin),Dąbroszyn (Tamsel) und Witnica (Vietz), die
selber bei Gelegenheit einen Besuch Wert sind, sowie zahlreiche kleinere Dörfer.
Dom St.Marien
Bereits bei Einfahrt nach Gorzów Wielkopolski (Landsberg/Warthe) bemerken wir, daß es sich hier um eine große Stadt handelt, wir unterqueren
kurz nach Erreichen der Stadtgrenzen die sehr großstädtische Autobahnbrücke der Autobahn S3.
Entlang der Bahnlinie (rechts) und parallel zur Straßenbahn fahren wir in Richtung Zentrum (ebenfalls gut ausgeschildert "Centrum").
Wir empfehlen, das Auto auf einem der (kostenpflichtigen) Parkplätze abzustellen, um unliebsamen Überraschungen auf sonstigen
Parkflächen mit zum Teil verwirrenden Zeitangaben zu vermeiden.
Pauksch-Brunnen
Wir orientieren uns am Dom St.Marien, der die Innenstadt überragt und angesichts seines imposanten Backsteinturmes kaum zu übersehen ist.
Den Stadtrundgang beginnen wir vor dem Haupteingang des Domes. Der Dom selber wurde seit dem 13. Jhdt. erbaut. Besondere Beachtung sollte
das Eingangsportal und die große Tür finden, die mit vielen Nägeln bestückt ist. Diese wurden während des ersten Weltkrieges von jenen
Landsberger Bürgern gegen eine Kriegsspende erworben und eingeschlagen, die nicht in den Krieg ziehen mussten. Der Dom enthält mehrere Altäre, im
Mittelalter sollen es ganze 17 gewesen sein. Sehenswert sind auch die schönen Kirchenfenster.
Wir umrunden einmal den Dom und entdecken an der Rückseite eine weitere Sehenswürdigkeit der Stadt, den sogenannten Pauksch-Brunnen, benannt
nach dem Stifter, dem Landsberger Industriellen und Ehrenbürger Hermann Pauksch. Die Figuren zeigen, durch welche Wirtschaftszweige die Stadt
zu Wohlstand kam, Maschinenbau, Fischfang, Schifffahrt auf der Warthe und symbolisiert den Fleiß der Landsberger Bürger.
Hexenbrunnen
Nach der Besichtigung des Pauksch-Brunnens überqueren wir die an seiner linken Seite gelegene Sikorski-Straße. Bereits nach wenigen Metern stehen
wir an einem weiteren Brunnen, dem sog. Hexenbrunnen. Der Brunnen ist eine Nachbildung des leider verloren gegangenen Originals.
Laut einer polnischen Beschreibung sollen sich hier Frauen getroffen haben, die der Hexerei verdächtig waren.
Wenige Meter entfernt lassen sich Reste der alten Stadtmauer besichtigen. Wenn man entlang der Mauer zurück zur Sikorski-Straße geht, gelangt man
zu einem hier liegenden großen Steinwappen (gegenüber dem Stadtratsgebäude), welches sich früher an der Brücke über die Warthe befand.
Südländisches Flair am Wartheufer
Wir gehen jetzt auf der anderen Seite am Dom vorbei in Richtung Wartheufer. Bereits nach wenigen Metern entlang moderner Gebäude unterqueren
wir die hier als Hochbahn ausgelegte Eisenbahnstrecke (die in ihrer Bauart der Berliner Hochbahn auf dem Stadtring ähnelt) und gelangen an das Wartheufer.
Hier empfängt uns ein etwas südländisch anmutender Anblick, Palmen in Kübeln hätte man wohl eher an der Riviera denn in der Neumark erwartet.
Übertroffen wird dies aber durch den majestätischen Blick auf die Große Warthebrücke übertroffen, die frisch saniert in bunten Farben strahlt und den Blick auf
die Warthe.
An der Warthe
Ein mit EU-Hilfe neu und sehr schön gestalteter Uferbereich lädt zum Flanieren ein, Cafes und Restaurant (eines sogar auf einem vor Anker liegenden Hausboot) laden zum
Verweilen ein. Über allem wacht ein großes Denkmal für polnisches Militär in Form eines Adlers. Aber auch die moderne Kunst kommt hier nicht zu Kurz. Auf der oberen
Promenade kann man temporäre Ausstellungen junger bildender Künstler besichtigen. Ein wenig bedauerlich ist, daß die Ressourcen des Flusses noch nicht touristisch genutzt
werden und es keine Möglichkeit für eine Schiffsfahrt oder ähnliches gibt (wir sind aber überzeugt, mit zunehmendem Touristenstrom - natürlich auch dank unserer Reiseberichte hier ;-) wird
sich das sicher bald ändern).
Nymphen im Park
Nach dem Abstecher an die Warthe halten wir uns jetzt wieder Richtung Stadt und Sikorskistraße. Diese queren wir jetzt auf der Vorderseite des
Domes und finden nach wenigen Metern die grüne Mitte der Stadt in Form des Parkes Wiosny Ludow (Park des Völkerfrühlings). Hier finden sich ein
Teich, diverse Wasserläufe, an denen man die Enten beobachten (und füttern) kann, Spielplätze, ein Rosengarten. Zahlreiche Kunstwerke und Denkmäler sind hier zu sehen.
Es fällt auf, mit welcher Intensität man in Gorzow Wielkopolski versucht, Geschichte durch das Errichten von Denkmälern und das Aufstellen historischer Gegenstände, wie z.B. einer
alten Straßenbahn oder Wasserpumpen greifbar zu machen.
So begegnen einem beim Gang durch die Stadt Denkmäler für die unterschiedlichsten Personen der Neuzeit, einen Gorzower Motocross-Meister oder das Denkmal
der Zigeuner-Poetin Bronislawa Wajs-Papusza, aber auch für Märchen- und Sagengestalten wie den "Sfinster".
Sympathischer Zug: nicht nur bedeutende Persönlichkeiten und Politiker erhalten hier Monumente. Die Gorzower Bürger setzten zum Beispiel auch dem
Original und Clochard Kazimierz Wnuk, der sie mit allerlei Streichen und Späßen unterhielt, nach seinem Tode ein Denkmal.
Trotzdem fällt auf, dass auch hier Geschichte oft erst 1945 beginnt und
die deutsche Vergangenheit nicht selten ausgeblendet wird. Aber vielleicht wird es ja später einmal auch Denkmäler für hier geborene Deutsche wie Victor Klemperer, Gottfried Benn und andere bedeutende
Söhne und Töchter der Stadt geben.
Gorzów Wielkopolski (Landsberg/Warthe) ist aber nicht nur eine Stadt zum Spazierengehen. Auch der neue Charakter der Stadt soll nicht unerwähnt bleiben. Einkaufstempel, Bars, ein großes Fitness- und
Freizeitcenter mit Schwimmbad belegen, daß hier eine moderne Stadt wächst.
Moderne Shoppingwelt im
Einkaufscenter "Galeria Askania"
Neuerbaute Einkaufszentren (wie das "Park 111" oder die "Galeria Askania") stehen ihren Pendants im Westen in nichts nach (wenn man vom günstigen Preis der hier angebotenen Waren und
Speisen einmal absieht, sind sie ihnen sogar voraus). Auch die dortige Gastronomie ist zu empfehlen: Ein sehr schönes Cafe in der zweiten Etage des
"Park 111" in der Sikorskistraße 111 (mit Blick auf den Park) und die Food-Lounge in der "Galeria Askania" sollen hier beispielhaft genannt werden (hier empfiehlt sich
die einheimische Küche "Kraczma", auch wenn es ein wenig schwierig ist, zu bestellen: man bekommt eine Nummer, die dann aufgerufen wird, um sich sein
Essen zu holen, was für den Nicht-polnisch-Sprechenden kompliziert ist, machen Sie am Besten ein Stichwort aus oder lassen Sie sich die Nummer einmal vorlesen).
F. Wassmuth, Berlin, 2009